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Weisheit des Ostens

Religion und Philosophie
aus dem Nahen Osten und Asien

Religion und Philosophie

Ob Religion aus der Philosophie oder die Philosophie aus einer Religion entstanden ist, wird wohl immer ungeklärt bleiben. Diese Frage reicht bis in die Antike zurück, wo große Denker wie Sokrates, Platon und Aristoteles den Ursprung und die Natur der Realität, der Moral und des Göttlichen zu ergründen versuchten. Während die griechischen Philosophen oft eine rationale Erklärung für die Welt suchten, die unabhängig von religiösen Mythen war, hatten Religionen wie das Christentum und der Islam eine integrale Rolle in der philosophischen Entwicklung im Mittelalter. So griffen etwa Augustinus von Hippo und Thomas von Aquin auf religiöse Überzeugungen zurück, um philosophische Fragen zu beantworten, und schufen dabei Synthesen aus griechischem Denken und christlicher Theologie.

Natürlich ist es auch möglich, dass die eine als Alternative zur anderen entstand. Dies spiegelt sich in der Aufklärung wider, als Philosophen wie Voltaire, Rousseau und Kant die Vernunft und das individuelle Gewissen über die dogmatischen Lehren der Kirche stellten. Diese Bewegung führte zur Säkularisierung und zur Entwicklung moderner Demokratien, in denen religiöse Autorität durch philosophische Prinzipien wie Menschenrechte und Gleichheit ersetzt wurde.

Jedenfalls waren und sind Religionen überwiegend brauchbare Narrative für die Verhaltensrichtlinien der Menschheit. Diese Rolle zeigt sich deutlich in den Zehn Geboten des Judentums und Christentums, den fünf Säulen des Islam oder dem Dharma des Hinduismus und Buddhismus. Diese religiösen Prinzipien bieten ethische Leitlinien, die das Verhalten der Gläubigen steuern und Gemeinschaften zusammenhalten. Solche moralischen Systeme haben über Jahrtausende hinweg Gesellschaften strukturiert und oft als Basis für Gesetze und soziale Normen gedient.

Nicht vergessen werden darf allerdings auch nicht, dass Religionen häufig als Macht- und Manipulationsinstrumente mit furchtbaren Auswirkungen für die Beteiligten benutzt wurden. Die Kreuzzüge, die Inquisition und die Hexenverfolgungen sind Beispiele dafür, wie religiöse Überzeugungen zur Rechtfertigung von Gewalt, Unterdrückung und sozialer Kontrolle missbraucht wurden. Auch in der Neuzeit gibt es Fälle, in denen Religion als Vorwand für politische Machtspiele und Konflikte dient, wie etwa der israelisch-palästinensische Konflikt oder der Einfluss fundamentalistischer Gruppen in verschiedenen Teilen der Welt.

Durchaus beruhigend in diesem Zusammenhang ist die derzeitige Entwicklung hinsichtlich der Verminderung der Anzahl der Gläubigen, vorwiegend bei den monotheistischen Glaubensrichtungen. Diese Entwicklung ist besonders in Europa und Nordamerika zu beobachten, wo sich eine zunehmende Säkularisierung abzeichnet. In Ländern wie Schweden, Dänemark oder den Niederlanden, aber auch in Deutschland, bekennen sich immer weniger Menschen zu einer Religion, und atheistische oder agnostische Weltanschauungen gewinnen an Boden. Diese Tendenz lässt sich auch in den Vereinigten Staaten beobachten, wo die sogenannte „nones“ – Menschen, die sich keiner Religion zugehörig fühlen – zur am schnellsten wachsenden „religiösen“ Gruppe geworden sind.

Dies wäre durchaus erklärbar durch die global stattfindende Verbesserung der allgemeinen Bildung; könnte aber auch in einem Zusammenhang mit der These der Entelechie gesehen werden, wonach bei dieser Stufe der Entwicklung der Menschheit eine Orientierung an Göttern und ähnlichen Konstrukten immer weniger notwendig erscheint. Der Begriff der Entelechie stammt von Aristoteles und beschreibt das innere Ziel oder die Vollendung eines Wesens. In einem modernen Kontext könnte man diese Idee so interpretieren, dass die Menschheit durch wissenschaftlichen Fortschritt und philosophische Reflexion allmählich zu einem höheren Verständnis der Welt gelangt, bei dem übernatürliche Erklärungen überflüssig werden. Diese Sichtweise spiegelt sich in den Arbeiten von Denkern wie Friedrich Nietzsche wider, der das „Ende der Metaphysik“ und den „Tod Gottes“ proklamierte, als Ausdruck der Emanzipation des Menschen von religiösen Dogmen hin zu einer autonomen Selbstbestimmung.

Insgesamt zeigt sich, dass die Beziehung zwischen Religion und Philosophie komplex und vielschichtig ist. Während Religion in vielen Epochen als Quelle für ethische und metaphysische Orientierung diente, hat die Philosophie immer wieder Wege gesucht, den menschlichen Verstand von dogmatischen Zwängen zu befreien und eine rationale Grundlage für die Existenz zu schaffen. Die gegenwärtigen Trends hin zu einer säkulareren Welt könnten als Teil dieser historischen Entwicklung gesehen werden, bei der sich die Menschheit zunehmend von den traditionellen religiösen Erzählungen löst und stattdessen auf Wissenschaft, Vernunft und individuelle Freiheit setzt.

nachfolgend ein kurzer Überblick über in diesem Zusammenhang wichtige Weltreligionen

die 10 bedeutendsten Religionen

Auch wenn die Übergänge und Verbindungen zwischen Philosophie und Religion besonders im asiatischen Raum fließend sind, findet sich nachfolgend eine Übersicht über die wichtigsten philosophischen Entwicklungen.

Die asiatischen Philosophien bieten einen tiefen und vielfältigen Einblick in die menschliche Existenz, Ethik, Politik und Spiritualität. Sie entstanden in unterschiedlichen kulturellen und historischen Kontexten, und jede Philosophie entwickelte einzigartige Ansätze zur Beantwortung grundlegender Fragen des Lebens. Nachfolgend werden die wichtigsten asiatischen Philosophien vorgestellt, zusammen mit ihren Begründern, Hauptthesen und zentralen Werken.

Asiatische Philosophien:
Überblick, Begründer, Thesen und Werke

**Begründer:** Kein einzelner Begründer; basiert auf vedischer Tradition

**Zeitraum:** Ca. 2500–500 v. Chr.

**Hauptthesen:**

Der Hinduismus ist mehr als eine Religion; er umfasst eine Vielzahl von Philosophien, die tief in den vedischen Texten verwurzelt sind. Die grundlegenden Konzepte sind **Brahman** (das absolute, unendliche Prinzip) und **Atman** (das individuelle Selbst). Der Hinduismus lehrt die Einheit von Atman und Brahman, wobei das Ziel der Befreiung (Moksha) darin besteht, diese Einheit zu erkennen. Der Dharma (ethische Pflicht) und Karma (Handlung und deren Folgen) sind zentrale Aspekte des hinduistischen Lebens.

**Wichtige Werke:**

– **Veden** (ca. 1500–1200 v. Chr.): Die ältesten heiligen Schriften, die Rituale und Hymnen enthalten.

– **Upanishaden** (ca. 800–400 v. Chr.): Philosophische Texte, die über das Wesen des Selbst und des Universums reflektieren.

– **Bhagavad Gita** (ca. 200 v. Chr. – 200 n. Chr.): Ein Teil des Mahabharata, der über den Dharma und den Weg der Befreiung durch Yoga lehrt.

### 2. **Buddhismus**

**Begründer:** Siddhartha Gautama (Buddha)

**Zeitraum:** Ca. 563–483 v. Chr.

**Hauptthesen:**

Der Buddhismus lehrt die **Vier Edlen Wahrheiten**: (1) Das Leben ist Leiden (Dukkha); (2) Das Leiden entsteht durch Verlangen (Tanha); (3) Das Leiden kann überwunden werden; (4) Der Weg zur Überwindung des Leidens ist der **Edle Achtfache Pfad**. Dieser Pfad umfasst ethische Disziplin, Meditation und Weisheit. Ein zentrales Konzept ist **Nirvana**, das Erlöschen des Leidens und das Ende des Kreislaufs der Wiedergeburten (Samsara).

**Wichtige Werke:**

– **Tripitaka** (Pali-Kanon, ca. 1. Jahrhundert v. Chr.): Die frühesten und wichtigsten Texte des Theravada-Buddhismus.

– **Dhammapada** (ca. 3. Jahrhundert v. Chr.): Eine Sammlung von Versen, die die Lehren Buddhas zusammenfassen.

– **Mahayana-Sutras** (ab dem 1. Jahrhundert n. Chr.): Texte, die die Lehren des Mahayana-Buddhismus entwickeln.

**Begründer:** Mahavira (Vardhamana)

**Zeitraum:** Ca. 599–527 v. Chr.

**Hauptthesen:**

Der Jainismus lehrt **Ahimsa** (Gewaltlosigkeit) als oberstes Prinzip. Die Seele (Jiva) ist in jedem Lebewesen vorhanden und strebt nach Befreiung (Moksha) von der materiellen Welt. Dies wird durch strenge Askese, ethische Reinheit und das Vermeiden von schlechtem Karma erreicht. Ein weiteres Konzept ist **Anekantavada** (die Lehre der Vielseitigkeit), die besagt, dass Wahrheit vielfältig ist und aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden kann.

**Wichtige Werke:**

– **Acaranga Sutra** (ca. 4. Jahrhundert v. Chr.): Eine der frühesten Schriften, die die Lehren Mahaviras zusammenfasst.

– **Tattvartha Sutra** (ca. 2. Jahrhundert n. Chr.): Ein umfassendes Werk, das die Philosophie des Jainismus darlegt.

**Begründer:** Konfuzius (Kong Fuzi)

**Zeitraum:** 551–479 v. Chr.

**Hauptthesen:**

Der Konfuzianismus legt großen Wert auf **Ethik**, soziale Harmonie und die Rolle der Bildung. Konfuzius betonte die Bedeutung von **Ren** (Menschlichkeit, Güte) und **Li** (Riten, Etikette), um eine gerechte Gesellschaft zu schaffen. Der Konfuzianismus fördert auch die Achtung gegenüber Eltern (Filialpietät) und Ahnen. Die moralische Entwicklung des Einzelnen und die Einhaltung sozialer Rollen sind zentral für das Erreichen eines harmonischen Lebens.

**Wichtige Werke:**

– **Lunyu (Analekten)** (ca. 5. Jahrhundert v. Chr.): Eine Sammlung von Sprüchen und Dialogen, die die Lehren Konfuzius’ überliefern.

– **Daxue (Das Große Lernen)** und **Zhongyong (Die Mitte)** (ca. 5.–4. Jahrhundert v. Chr.): Werke, die die Prinzipien des Lernens und der moralischen Mitte behandeln.

**Begründer:** Laozi (Lao-Tzu)

**Zeitraum:** Ca. 6. Jahrhundert v. Chr.

**Hauptthesen:**

Der Taoismus (Daoismus) konzentriert sich auf das **Dao** (der Weg), das als das universelle Prinzip gilt, das alles durchdringt. Die zentrale Lehre ist das Konzept von **Wu Wei** (Nicht-Eingreifen), das besagt, dass man in Übereinstimmung mit dem natürlichen Fluss des Dao handeln sollte, ohne Zwang oder Eigensinn. Der Taoismus betont das einfache, spontane Leben und die Rückkehr zur Natur.

**Wichtige Werke:**

– **Dao De Jing (Tao Te Ching)** (ca. 4. Jahrhundert v. Chr.): Ein Grundlagentext, der in poetischer Form die Lehren des Taoismus darlegt.

– **Zhuangzi** (ca. 4. Jahrhundert v. Chr.): Philosoph und Dichter; Hauptwerk: „Das wahre Buch vom südlichen Blütenland“, Ein philosophisches Werk, das Geschichten und Parabeln verwendet, um die Lehren des Dao zu vermitteln.

**Begründer:** Han Feizi

**Zeitraum:** Ca. 280–233 v. Chr.

**Hauptthesen:**

Der Legalismus betont die Notwendigkeit strenger Gesetze und staatlicher Kontrolle, um Ordnung in der Gesellschaft aufrechtzuerhalten. Der Mensch wird als von Natur aus eigennützig betrachtet, weshalb strikte Regelungen und Sanktionen erforderlich sind. Der Staat steht im Mittelpunkt, und individuelle Rechte werden dem kollektiven Wohl untergeordnet. Der Legalismus war besonders einflussreich während der Qin-Dynastie, als er zur Vereinheitlichung Chinas beitrug.

**Wichtige Werke:**

– **Han Feizi** (ca. 3. Jahrhundert v. Chr.): Eine Sammlung von Essays, die die Grundsätze des Legalismus darlegen.

– **Shang Jun Shu** (Das Buch von Lord Shang, ca. 4. Jahrhundert v. Chr.): Ein früher Text des Legalismus, der Reformen zur Stärkung des Staates beschreibt.

**Begründer:** Bodhidharma (Überlieferung nach Indien, ca. 5.–6. Jahrhundert n. Chr.)

**Zeitraum:** Ca. 6. Jahrhundert n. Chr. in China (als Chan), später in Japan (als Zen)

**Hauptthesen:**

Zen-Buddhismus betont direkte Erfahrung und Meditation (Zazen) über theoretische Lehren. Er lehrt, dass die Erleuchtung unmittelbar erreicht werden kann und dass konventionelle Logik oft hinderlich ist. **Koans** (paradoxe Rätsel) werden verwendet, um das rationale Denken zu überwinden und zur intuitiven Erkenntnis zu gelangen. Zen fördert ein einfaches, achtsames Leben und den Augenblick als Quelle der Erleuchtung.

**Wichtige Werke:**

– **Platform Sutra of the Sixth Patriarch** (ca. 8. Jahrhundert n. Chr.): Ein zentraler Text des Chan-Buddhismus in China.

– **Shobogenzo** (ca. 13. Jahrhundert n. Chr.): Geschrieben von Dogen Zenji, einem der bedeutendsten Zen-Meister Japans.

**Begründer:** Kein einzelner Begründer; basiert auf der indigenen japanischen Tradition

**Zeitraum:** Ab dem 1. Jahrtausend v. Chr. formalisiert

**Hauptthesen:**

Der Shintoismus ist die indigene Religion Japans und konzentriert sich auf die Verehrung der **Kami** (Naturgeister oder Gottheiten), die in allen Dingen anwesend sind. Er betont die Harmonie mit der Natur und die Reinheit des Körpers und Geistes. Shinto-Rituale und -Feste sind eng mit der japanischen Kultur und dem Kaiserkult verbunden. Es gibt keinen ausgeprägten philosophischen Diskurs, aber der Shintoismus prägt das ethische und spirituelle Leben in Japan.

**Wichtige Werke:**

– **Kojiki (Aufzeichnungen alter Begebenheiten, ca. 712 n. Chr.)**: Eine Sammlung von Mythen und Legenden über die Kami und die Ursprünge Japans.

– **Nihon Shoki (Chroniken Japans, ca. 720 n. Chr.)**: Ein historisches Werk, das die Frühgeschichte Japans und die Rolle der Kami beschreibt.

**Begründer:** Kein einzelner Begründer; umfasst begrifflich die in der islamischen Welt entwickelten Philosophien

**Zeitraum:** Ab dem 8. Jahrhundert

**Hauptthesen:**

Die islamische Philosophie, bekannt als Falsafa, entstand im Kontext der islamischen Kultur und verbindet koranische Auffassungen mit griechischer Philosophie. Zentrale Themen sind das Verhältnis von Offenbarung und Vernunft, Erkenntnistheorien, Ethik und Staatslehre. Sie entwickelte sich unabhängig von der islamischen Theologie und umfasst Beiträge von Muslimen sowie nichtmuslimischen Gelehrten. Die islamische Philosophie reflektiert über göttliche Weisheit (ḥikma) und lädt zum kritischen Denken ein, ohne eine einheitliche Methodik zu verfolgen.

**bekannteste Vertreter:**

**Avicenna (Ibn Sina)**

  • Persien: Avicenna, geboren um 980 in Afshana (heutiges Usbekistan), war ein persischer Gelehrter. Er lebte und wirkte hauptsächlich im Gebiet des heutigen Iran und Zentralasiens.

  • Islam: Avicenna war ein muslimischer Philosoph, Arzt und Wissenschaftler. Seine Werke, insbesondere der “Kanon der Medizin” und das “Buch der Genesung”, hatten großen Einfluss auf die islamische und westliche Medizin und Philosophie.

**Rumi (Jalal ad-Din Muhammad Rumi)**

  • Persien: Rumi wurde 1207 in Balkh (heutiges Afghanistan) geboren, das damals Teil des Persischen Reiches war. Er verbrachte den größten Teil seines Lebens in Konya (heutige Türkei), das ebenfalls unter persischem Einfluss stand.

  • Islam: Rumi war ein bedeutender Sufi-Dichter und Mystiker. Seine Werke, insbesondere das “Masnavi”, sind tief in der islamischen Mystik verwurzelt und haben Generationen von Muslimen inspiriert.

Nachfolgend eine kleine Video-Reihe über die Philosophien Persiens, Chinas, Indiens und Japans.
Die folgenden Episoden bieten einen tiefen Einblick in die faszinierenden Denkweisen, die diese Kulturen seit Jahrtausenden prägen.
Von der vielschichtigkeit des Hinduismus zu den ethischen Lehren des Konfuzius, über den Taoismus und das Dao De Jing, den Lehren Buddhas und Nagarjunas, die Erzählungen des Mahabharata bis hin zu den Anleitungen des Zarathustra und denen des Zen-Buddhismus.
Jede Folge beleuchtet Schlüsselideen und deren Einfluss auf das menschliche Denken weltweit.

Videos über die Philosophien Chinas, Indiens und Japans

Zusammenfassung

Religion und Philosophie